Eiskaltes Gold
Kommissar Schlüter sah Frau Birnbach ungläubig mit großen Augen an.
„Sie sind sich wirklich sicher, dass keine Wertsachen entwendet wurden, haben Sie überall gründlich nachgesehen?“
Sein Gegenüber, Eva Birnbach, Mitte Sechzig, war eine schlanke Frau mit hellblond gefärbtem Pagenkopf. Trotz des Einbruchs wirkte sie gefasst und schien absolut Herrin der Lage zu sein.
„Nee, da fehlt nix … ich bin ja selbst erstaunt darüber. Wer macht sich denn so ´ne Mühe und riskiert Kopf und Kragen, um dann überhaupt nichts mitzunehmen…?“
Für einen Moment herrschte ratloses Schweigen.
„Allerdings …“, Frau Birnbach zögerte. „Allerdings … was? Ist Ihnen doch noch was aufgefallen?“
Schlüter zückte hastig seinen Notizblock.
„Ja, das ist merkwürdig … die eine Tupperdose aus dem Tiefkühlfach. Die ist weg. Die mit dem goldgelben …“
„Hab ich´s doch geahnt. Goldgelb!“
Schlüter tippte mit dem Zeigefinger an die Stirn.
„Sie hatten da ihren Schmuck versteckt, ne. So ein Leichtsinn! Da gucken Einbrecher doch immer nach. Kühlschrank und Tupperdosen.“
Der Kommissar legte einen Arm um Frau Birnbachs Schulter und flüsterte: „Wieviel war er denn wert? Oder hatten Sie da etwa Goldbarren …?“
Die Hausherrin entwand sich seiner Umarmung und lächelte. Schlüter zog die Stirn in Falten.
„Was gibt´s denn da zu lachen? Die Lage ist ernst!“
Es war weniger Frau Birnbachs Gesichtsausdruck, als der von ihr eingeforderte Abstand, der ihn verärgerte.
„Ach, machen Sie sich doch keinen Stress. Die Einbrecher haben schließlich guten Geschmack bewiesen.“
„Wie bitte? Also… wirklich. Sie sollten das nicht auf die leichte Schulter nehmen. So ein Einbruch ist doch kein Kavaliersdelikt.“
Der Kommissar schüttelte seinen Kopf.
„Na, ja. Ich kann´s verschmerzen, denk ich. Sie hatten mich ja vorhin mitten im Satz unterbrochen. Bei goldgelb, wenn ich mich richtig erinnere.“
Sie ließ ihrem Gegenüber nur einen kurzen Moment zum Nachdenken, dann fuhr sie fort: „Was fehlt, und das zeugt doch von großem Sachverstand … ist mein goldgelber, selbstgemachter Kartoffelpüree. Schade d´rum.“
Schlüter sah sie mit offenem Mund staunend an, dann ließ er sich auf den nächstbesten Küchenstuhl fallen und sackte seufzend in sich zusammen. Eva Birnbach grinste.
„Ich hoffe nur, die kommen jetzt nicht öfter bei mir vorbei. Wenn die erst einmal auf den Geschmack gekommen sind…“